Honig im Kopf

Honig im Kopf erzählt die Geschichte des an Demenz erkrankten Amandus (Dieter Hallervorden) und seiner Enkelin Tilda (Emma Schweiger). Die Eltern von Tilda, Niko (Til Schweiger) und Sarah (Jeanette Hain) fällt es schwer, sich mit der Krankheit auseinanderzusetzen. Sie wollen es nicht wahrhaben, besonders der Sohn Niko.

Wenn man sich mit dem Thema Demenz beschäftigt, kommen manche Szenen einem sehr bekannt vor: So wird der Kühlschrank  zur Toilette, Lebensmittel werden irgendwo platziert, Notizzettel/Klebezettel hängen überall, das Personal wird des Diebstahls bezichtigt oder ein Todesfall macht erste Krankheitssymptome sichtbar. Tilda informiert sich bei ihrem Kinderarzt über die Krankheit, sie will Amandus eine Aufgabe geben. Ihre Großeltern wollten ihr mal Venedig zeigen und so macht sich Tilda mit Amandus auf dem Weg und landen, nach verschiedenen Schwierigkeiten, letztendlich in Venedig.

Was war besonders gut?

Dieter Hallervorden als Amandus überzeugt in dieser schwierigen Rolle. In dem Film wird die Krankheit sehr realistisch dargestellt. Es gibt viele Nebenfiguren, die Amandus und Tilda unterstützen, sie auf ihrem Weg begleiten. Besonders schön ist eine Szene, in der ein Kellner auf Amandus eingeht und sogar einen Gast, der sich laut über den Erkrankten beschwert und meint, er müsse zu Hause bleiben, wenn er krank sei, aus dem Restaurant herauswirft.

Die Metapher, dass das Gehirn ein Bücherregal ist und bei einer Demenz fallen manche Bücher raus, fallen kurzzeitig um, sind später vielleicht wieder „lesbar“ und zuletzt bleibt nur das leere Regal, erklärt die Krankheit kindgerecht. Die besondere Beziehung zwischen Enkelin und Opa ist wunderbar dargestellt, der natürliche Umgang mancher Kinder mit der Krankheit war auch schon im Bereich ‚Kindern Demenz erklären‘ ein Thema. Gut ist auch, dass so offen – vielleicht für manchen Besucher zu offen – über Sex im Alter, besonders über Sex bei Menschen mit Demenz umgegangen wird. Das ist häufig ein Tabuthema.

Was hat mir weniger gefallen?

Der Film ist ziemlich lang, manchmal langatmig. Manches wäre vielleicht nicht nötig gewesen, wie auch die Szene, bei der es wohl zwischen Til Schweiger und Hallervorden zum Streit kam. Besonders stören mich zwei Sachen – 1. geht die Diskussion fast nur um Heim – oder Daheim. Es gibt aber so viele andere Möglichkeiten, auch finanziell unterstützt. 2. Die Pflege zu Hause scheint in dem Film nur möglich, wenn die Schwiegertochter am Ende ihre Arbeit kündigt.

Es sind in der Tat eher die Frauen, die die Hauptpflegeperson sind. Aber die Botschaft ist problematisch. Es gibt Fördermöglichkeiten nach dem SGB XI, Verhinderungspflege und Pflegeteilzeit. Wichtig ist hier eine Beratung bei einem an der Stadt/Gemeinde angegliedertem Pflegebüro oder bei den Pflegestützpunkten. Diese Beratung ist unabhängig, dahingegen die Beratung bei einem Pflegedienst nicht immer. (Bei anderen Fragen, z.B. bei Ernährung lasse ich mich ja auch nicht von einem Unternehmen beraten, das direkt von einer Entscheidung profitiert oder davon lebt, bestimmte Produkte anzubieten). Weiterhin sind die Alzheimer Gesellschaften ein wichtiger, regionaler Ansprechpartner. Die Kritik ist vielleicht etwas hart, all diese Informationen passen nicht unbedingt in so einen Film, der ja in erster Linie unterhalten soll.

Fazit:

Trotz kleiner Mankos ist der Film wirklich sehenswert. Er trifft nicht immer meinen Geschmack, aber den vieler anderer Zuschauer. Meine Hoffnung ist groß, dass die ZuschauerInnen etwas offener mit dem Thema umgehen, sich dem widmen und wie Tilda und viele andere Figuren des Films Menschen mit Demenz unterstützen und akzeptieren.

Maria Mahler

Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand

Gleich zu Beginn: Ich habe das Buch (noch) nicht gelesen. Vielleicht hat mir deshalb der Film „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ gefallen. Ich merke das Dilemma auch bei anderen Romanverfilmungen: Es sind 2 unterschiedliche Medien und bei mir ist es meist so, dass mir das, was ich zuerst kennengelernt habe, besser gefällt.

Nun zum Film. Natürlich geht es nicht direkt ums Alter(n), es geht um Allan Karlson und dessen Leben. Es geht um Biografie, um das worauf Allan zurückblicken kann – auf 100 Jahre (Welt)Geschichte. Alles beginnt damit, dass er am Tag seines 100. Geburtstages aus dem Altersheim verschwindet. Das Altersheim wird als ungeliebte Institution gezeigt und auch später noch erwähnt. Fast tragisch-komisch mutet das Problem einer Schwester an, die sich viel Mühe gegeben habe, mit der Marzipantorte und allem und man könne, jetzt da Allan weg ist, den Kuchen schlecht den anderen Älteren geben – das Marzipan würde doch an den Zahnprothesen hängen bleiben…

Schon am Bahnhof verstrickt sich der Protagonist in eine Affäre, die um die halbe Welt reicht. Bei den ganzen Abenteuern, in die sich Allan ohne viel nachzudenken mit Julius Jonsson, Benny Ljungberg, Gunilla Björklund und der Elefantendame Sonja im Folgenden verstrickt, finde ich besonders die Rückblenden spannend. Geschichte wird so gleich lebendig. Und man merkt, wie ein einzelner Mensch viel Einfluss auf das Weltgeschehen nehmen kann. Ohne es – im Falle von Allan – wirklich beabsichtigt zu haben. So rettet er versehentlich Franco im spanischen Bürgerkrieg, zerstört versehentlich ein Gefangenenlager Stalins und wird später zufällig Doppelagent.

Am Ende des Films erreichen sie Bali, was mich auch an die sogenannten Sun Cities erinnert hat.

 

Kennt ihr das, wenn ihr Geschichten von euren Eltern/Großeltern hört und wie „knapp“ es manchmal war, dass man selbst auf der Welt ist? Wenn meine Großmutter nach ihrer Flucht aus Oberschlesien am Ende des 2. Weltkriegs (sie war damals 18) nicht in meine Heimatstadt gekommen wäre, gäbe es meinen Vater und folglich mich nicht.  Dieses „was wäre wenn“ bzw. überhaupt „was war damals“ sind sehr spannende Fragen, wenn man mit Älteren arbeitet.  Ich hatte immer den Eindruck, dass es vielen Menschen wichtig ist, ihre Erfahrungen weiterzugeben.

Maria Mahler